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Hauszeichen

 

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Für Besucher und Bewohner gleichermaßen kann ein ausgedehnter Spaziergang durch die Gemeinde Leegebruch historisch gesehen so unheimlich interessant sein. Geht man durch die teilweise schmalen Straßen, bewundert die gepflegten Gärten und betrachtet die im Stil der 30er Jahre errichteten Häuser, so bemerkt man an einigen Wohnhäusern fest mit dem Außenputz verbundene Hauszeichen. Diese Unikate sind kunst- und bauhistorisch gesehen ein unwiederbringliches Wahrzeichen für den Ort Leegebruch. Weit in die Geschichte zurückblickend, ist die Existenz von Hauszeichen, Hausmarken, Hofmarken als stumme, oft rätselhafte Zeichen schon nachweisbar. So dienten sie in all diesen Jahren neben der Fixierung des Besitzes und des Eigentums auch stets als Orientierungshilfen in den jeweiligen Siedlungsstrukturen. Hauszeichen sind zeithistorisch betrachtet vielfältig, in ihrer Darstellung und in ihren Ausführungen bunt wie das Leben. Sie wirken als Kennzeichen und Hausschmuck zugleich und offenbaren in der Regel historische, kunstgeschichtliche beziehungsweise religiöse Hintergründe. Einprägsam befanden sich die Hauszeichen in der Regel immer dort, wo sie hingehörten: im Blickfeld des Suchenden, des Betrachters, an der Fassade über dem Eingang des Hauses.

 

Unterschiedliche Motive  - Pflanzen, Tiere, Tierkreiszeichen und handwerkliche Gegenstände -  schmückten die neuen, ab 1937 errichteten Häuser der Heinkel-Werkssiedlung Leegebruch. Sie zeigten den heimatlichen Weg auf, kündigten den stolzen Besitz an und verschafften, wie der Volksmund es überlieferte, so manchem kleinen Zecher eine zielsichere Orientierung. Von bemerkenswerter Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass in der gesamten Werkssiedlung ausschließlich Hauszeichen zur Anwendung/Verwendung gelangten, die frei von politischen und militärischen Motiven waren. Diese innewohnende Grundphilosophie der Natur- und Handwerksverbundenheit spiegelte sich auch in der Bestimmung der  Straßenbezeichnungen der Werkssiedlung wider. In einer Zeit der politischen Gleichschaltung und der Ausrichtung auf „nationalsozialistische Tugenden“ ist dies, historisch betrachtet, ein sehr bedeutsames Alleinstellungsmerkmal.

 

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Als Urheber der Entwürfe dieser markanten und einmaligen Hauszeichen , welche im Auftrag des Heinkel-Flugzeugwerkes *1) in der Marwitzer Werkstatt von Hedwig Bollhagen gefertigt wurden, zeichneten Hilde Broer , Christa von Lewinski und Gretel Schulte-Hostedde verantwortlich. Alle drei waren Schülerinnen beziehungsweise Meisterschülerinnen von Professor Ludwig Gies, der an der Kunsthochschule in Berlin lehrte. Sie benutzten für die Fertigung der Hauszeichen ausschließlich "Niederahrer Ton" aus dem Westerwald und prägten/verfeinerten durch die vertieften Schnittkanten - „Gräben“- die künstlerische Stilrichtung ihres Lehrmeisters.

  

Mit Stand vom 01.01.2013 wurden 73 unterschiedliche Motive aufgenommen und katalogisiert. Der Anteil, den jede Künstlerin zum  Gesamtentwurf beitrug, war unterschiedlich groß und im Detail nicht für jede einelne Person belegbar. Hilde Broer hatte nachweislich den größten künstlerischen Beitrag geleistet. Erstaunlich viele dieser Hauszeichen sind auch heute noch zu bewundern und zeugen von einer soliden Fertigungskunst. Über 186 Exemplare hat der Geschichtsverein der Gemeinde Leegebruch ermittelt, den Grundmotiven zugeordnet und bezüglich ihrer Existenz straßen-weise dokumentiert *2). Ihre Verteilung in den einzelnen Straßenzügen schwankt zwischen 1 bis 8 Prozent, immer bezogen auf die Gesamtanzahl. Die langen Straßen des Ortes weisen logischer Weise mehr Hauszeichen auf als die kürzeren. In der Summe existieren noch etwa 23 Prozent der ursprünglich an den Häuserfassaden angebrachten Hauszeichen. Die zusammenfassende Darstellung der in der ehemaligen Werkssiedlung des Heinkel-Flugzeugwerkes in Leegebruch vorhandenen Hauszeichen vermittelt ein vielfältiges Spektrum von Motiven sowie von Ausführungs-/Bearbeitungsformen. Sie reicht von den Urformen in Terracotta bis zu bemalten Motiven mit unterschiedlichem Farbbesatz.                                
 
(Norbert Rohde, Geschichtsverein Leegebruch e.V.)
 
*1) Rohde, Norbert; Das Heinkel-Flugzeugwerk Oranienburg – Legende und Wirklichkeit, Velten-Verlag GmbH, Leegebruch 2006
 
*2) Rohde, Norbert; Die Leegebrucher Hauszeichen – unwiederbringliche Kleinkunst aus den Entstehungsjahren der Heinkel-Werkssiedlung, in: Leegebrucher historische Blätter – Beiträge zur Geschichte, Heft 11, Leegebrucher Geschichtsverein 2013

 

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